Die neue Haushaltsabgabe soll die GEZ-Gebühr für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ablösen. Derzeit laufen verschiedene Klagen. Insgesamt scheint sich ein Trend zu zeigen. Der Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Haushaltsabgabe wächst. Einer der ersten Kläger war Ermano Geuer. Im Zentrum seiner Klage sieht er den Gleichheitsgrundsatz verletzt.


Ermano Geuer im Interview - Klage gegen die HaushaltsabgabeHerr Geuer, warum streiten Sie gegen die neue Haushaltsabgabe?

Wir haben die neuen Regelungen letztes Jahr im Freundes- und Kollegenkreis diskutiert. Mir kamen sie gleich unfair und ungerecht vor. Weil mich medienrechtliche Themen interessieren begann ich das Thema auch juristisch aufzuarbeiten. Ich habe dann in juristischer Fachliteratur geschaut, ob es schon kritische Stimmen zum Modell gibt. Da bin ich mehrfach fündig geworden. Da es in Bayern die Möglichkeit gibt, Popularklagen beim Verfassungsgerichtshof einzureichen, habe ich im Anschluss aus den gefundenen Argumenten und eigenen Überlegungen einen Klageschriftsatz gefertigt.

Welche Rolle sollte aus ihrer Sicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Gesellschaft einnehmen?

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist zunächst da, um uns zu informieren und Inhalte zu verbreiten, für die es in kommerziellen Programmen zu wenig Raum gibt (z.B. Dokus). Bei Unterhaltung und Fernsehspielen hingegen, sollte man zurückhaltend sein. Das ist eher Aufgabe von Privatsendern. Sicher leistet der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Beitrag zur politischen Meinungsbildung; deswegen aber von einer „Demokratieabgabe“ zu sprechen ist Unsinn. Die Demokratie würde auch ohne öffentlich-rechtliche Programme nicht in sich zusammenbrechen. Hier versucht man mit schönen Worten juristisch nicht haltbare Regelungen der Haushaltsabgabe zu kaschieren.

Sehen Sie noch Bedarf am dualen Rundfunksystem? Wenn ja, wie soll es finanziert werden?

In gewisser Weise schon. Es gibt Sendungen und Programme, die politische und kulturelle Schwerpunkte haben, und im Privatfunk so nicht laufen würden. Die Unterhaltungssparte sollten die öffentlich-rechtlichen Sender auf ein Minimum einstampfen. Dann würde der zur Finanzierung notwendige Betrag massiv sinken.

Wie das Finanzierungsmodell genau aussehen soll, ist Sache der Politik. Ich würde für ein Modell eintreten, bei dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk von allen getragen wird, die Einkommensteuer zahlen. Damit fallen Sozialfälle raus, aber auch die meisten Studenten und zwar auch solche, die keine Bafög-Empfänger sind. Nur weil ein Student kein Bafög bekommt, spricht das nicht dafür, dass er viel Geld hat. Dieses System würde ohne zusätzliche Befreiungsanträge etc. auskommen.

Welche Erwartungen haben Sie an eine erfolgreiche Klage? Wie sieht das Finanzierungsmodell danach aus?

Bis zur Verhandlung ist es noch ein ganzes Stück Arbeit, aber ich glaube fest an einen Erfolg. Am Anfang war ich ganz alleine, jetzt klagt auch Rossmann, letzte Woche hat der Leipziger Staatsrechtler Prof. Degenhart ein Gutachten für den Handelsverband veröffentlicht. Unsere Argumentationen sind gleich oder ähnlich. Ich hoffe, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof klar Stellung bezieht und die Rundfunkanstalten in die Schranken weist.

Wie die Finanzierung danach ausschaut, kann ich leider nur mutmaßen. Wahrscheinlich wird der Rundfunkbeitrag noch eine Übergangszeit weitergelten, bis sich die Verantwortlichen auf einer neue Regelung geeinigt haben.

Herr Geuer, danke für das Gespräch.

Ermano Geuer studierte Rechtswissenschaften an der Universität Passau. Sein Referendariat hielt er in Passau, Regensburg und Wien, dort Wahlstation beim Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte (Abteilung: „Digital Rights“, ab). Seinen Abschluss mit dem 2. Juristischen Staatsexamen erreichter er im Oktober 2011. Von September 2009 bis März 2011 war Ermano Geuer Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Rechtsphilosophie bei Prof. Dr. Johann Braun an der Universität Passau. Seit August 2011 ist er Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und Internetrecht.


Das Interview mit Ermano Geuer über die Klage gegen die Haushaltsabgabe führte Nicolas Scheidtweiler.