Fundraising kann ein Teil der PR sein und bedarf auf der anderen Seite PR, um erfolgreich zu sein. Derzeit entsteht ein Markt und die Fundraising-Verantwortlichen planen ihre Arbeit strategisch.

Stephan Ley über Fundraising - Interview Scheidtweiler PR Bremen

Stephan Ley

Stephan Ley ist freier Fundraiser. Mit seiner Agentur betreut er unterschiedliche Kunden, um am Spendenmarkt erfolgreich zu agieren. In diesem Interview beantwortet er die Fragen nach dem Zusammenhang von PR und Fundraising und dem Wettbewerb in diesem Bereich.

Herr Ley, Sie kommen aus dem Journalismus und der PR. Wie sind Sie auf das Thema Fundraising gestoßen?

Im Rahmen der geschäftlichen Neuausrichtung meiner Agentur im Jahr 2007 habe ich mich nach Geschäftsfeldern umgesehen, die Potential für die Zukunft haben. Ausschlaggebend für meine Spezialisierung auf Non-Profit-Organisationen war jedoch eine Kircheninnenrenovierung im bayerischen Eichstätt bei der ich für die Kirchenstiftung die PR übernommen hatte. Es ergab sich, dass mir auch die Spendenbeschaffung übertragen wurde.

Wie hängen Fundraising und PR zusammen?

Nun, Fundraising braucht Kommunikation, um Spendeneinnahmen erzielen zu können. Eine enge Abstimmung zwischen beiden führt neben vielen anderen Komponenten zum gezielten und effizienten Mitteleinsatz und dadurch zum Spendenerfolg.

Gibt es einen Markt für das Fundraising?

Absolut. Die Zahlen sprechen für sich: 4,1 Milliarden Euro wurden im letzten Jahr laut GfK Charity Scope Bilanz des Helfens 2013 von Privatpersonen gespendet. Es gibt zudem unzählige gemeinnützige Organisationen die Professionalisierungsbedarf in ihrer Arbeit haben, da die Rahmenbedingungen sich verändert haben.

Wie geht man mit Wettbewerb im Fundraising um? Darf man das überhaupt so formulieren?

Unbedingt! Wer glaubt es gibt keine Konkurrenz, der ist naiv. Ganz im Gegenteil, der Spendenmarkt leidet seit geraumer Zeit unter einem massiven Verdrängungswettbewerb. Die großen Organisationen investieren stark in Marketing und PR und suchen sich Kooperationspartner in den Medien. Dadurch können Sie ihre Marke bekannt machen. Dies ist zum Nachteil derjenigen, die die Notwendigkeit der Professionalisierung, in diesem Bereich und auch im Fundraising, Stichwort Multichannel-Fundraising, noch nicht erkannt haben. Zudem wächst die Zahl die Spendensumme nur geringfügig und die der Spender ebenfalls.

Welche PR-Instrumente stehen den Fundraiser zur Verfügung?

Grundsätzlich kann man alle PR-Instrumente einsetzen, die man aus der Profit-PR kennt. Es ist letztendlich zunächst eine Frage der Erkenntnis, dass PR unabdingbar für die Organisationserfolg ist. PR hilft neben Marketing, die Positionierung der Organisation im Markt zu verdeutlichen. Ich beobachte jedoch eine Veränderung in der Mediennutzung. PR muss heutzutage sehr genau auf die Dialoggruppe und ihre Mediennutzung abgestimmt sein, ansonsten laufen Botschaften ins Leere. Die Pressemitteilung oder auch die Pressekonferenz ist sicher nicht mehr so hilfreich wie vor 20 Jahren, denn die Kommunikationsdichte hat zugenommen und Journalisten wie Medienkonsumenten müssen noch stärker selektieren. Marken, die nicht bekannt sind, werden nicht beachtet.

Welches sind die typischen Fehler im Fundraising?

Nicht zu wissen, wie die Spenderzielgruppen ticken. Also zu wenig soziodemographische und persönliche Informationen über die Spender zu haben sowie keine jungen Spender an sich zu binden. Es gibt zum Beispiel Spender, die wollen kein Printmailing, die wollen lieber per E-Mail informiert werden. Gleichwohl heißt das nicht automatisch, dass sie per Online-Banking oder Online-Spendentool spenden. Kommunikations- und Spendenkanäle sind voneinander abgekoppelt. Die Spenderdemografie verändert sich in den nächsten zehn bis 20 Jahren massiv. Viele Spenderdatenbanken leiden heute schon unter Überalterung. Stirbt die Erblassergeneration, die zur Zeit noch pro Jahr schätzungsweise eine Billionen Euro in Deutschland vererbt, muss die darauffolgende Spender-Generation bereits gewonnen sein, ansonsten hat die Organisation ein Problem.

Abschließend: Warum braucht eine Organisation einen Berater beim Fundraising? Ist das nicht unethisch?

Nein, unethisch ist das nicht. Es gibt klare ethische Spielregeln, die der Deutsche Fundraisingverband für seine Mitglieder erlassen hat. Ein erfolgreicher freier Fundraiser kann Spendeneinnahmen signifikant erhöhen. Diese würde die Organisation auf Grund des fehlenden Zugangs zu neuen Spendern sonst nicht bekommen. Das Fundraiserhonorar unterschreitet in der Regel die Beschaffungskosten, wie Adressanmietung, Marketing und Kommunikation. Das Risiko trägt zudem der Fundraiser und nicht die Organisation.

Herr Ley, ich danke Ihnen für das Gespräch!

Das Interview führte Nicolas Scheidtweiler. Weitere Interviews zum Fundraising finden Sie hier.

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Über Stephan Ley:

Stephan Ley  studierte Journalismus an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Berufsbegleitend absolvierte er den Diplomlehrgang DAS Fundraising-Management an der ZHAW in Winterthur. Nach mehreren Jahren freier und fest angestellter Tätigkeit im Journalismus (u. a. Münchner Abendzeitung, Die Welt, Berliner Morgenpost, Süddeutsche Zeitung) machte er sich  2004 in München mit der Agentur für Kommunikation & eMarketing selbstständig. Seit 2007 ist die Agentur spezialisiert auf die Beratung von gemeinnützigen Organisationen.

Stephan Ley ist Dozent für Public Relations, Non-Profit-PR und Fundraising am Campus M21 in München. Er ist Mitglied im Deutschen Fundraising Verband.

 

Das Interview führte Nicolas Scheidtweiler.