Eigentlich war es lange geplant, dass ich am ersten KrisenPRCamp in Köln teilnehme. Mike Schnoor hatte mich frühzeitig auf diesen Termin hingewiesen. Wie es jedoch oftmals so ist, kommt etwas anderes dazwischen. Daher war ich froh einen Vertreter gefunden zu haben.

Stefan Schütz über das KrisenPRCamp in Köln im Interview

Mit Stefan Schütz sprach ich über den Verlauf des BarCamps zum Thema Krisenkommunikation:


Stefan, du warst für mich beim ersten KrisenPRCamp dabei. Was habe ich verpasst?

Zwei Tage intensivste Kommunikation, Diskussion und Interaktion zu Krisen-PR. Das Teilnehmerfeld beim Barcamp war genauso vielschichtig wie die Herangehensweise beim Umgang mit den verschiedensten Fragestellungen. Fachliche Beiträge und kreative Ideen wurden durch gute Redner und eine gehörige Portion Humor hervorragend ergänzt.

Der Lern- und Spaßfaktor bewegte sich gleichermaßen auf hohem Niveau und machte die Veranstaltung für mich zu einem unvergesslichen Erlebnis. Ich komme sehr gerne wieder, dann vielleicht mit dir zusammen [lacht]…

Wie bewerten die Teilnehmer die Rolle der Online PR und der Social Media in Krisen?

In den von mir besuchten Sessions beim KrisenPRCamp [10 von insgesamt 35; Anm. d. Red.] spielten die klassischen Online PR hinsichtlich der Krisenbewältigung eine eher untergeordnete Rolle. Der Einfluss von Gatekeepern nimmt stetig ab und es manifestiert sich zunehmend der Eindruck, dass erfreulicherweise das Bewusstsein für Influencer, Social Media Relations und kollaborative Ansätze das Handeln der Akteure prägt.

Mit Blick auf die Social Media hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass 70 Prozent aller Krisen mit einem Tweet oder Facebook-Posting beginnen. So ganz undifferenziert sollte man diese Aussage sicher nicht stehen lassen – dennoch möchte ich das Thema an dieser Stelle mit den Worten eines (bitte verzeih mir) SPD-Politikers und Sportfunktionärs aus Bremen beenden: „Wir kommentieren nicht, wir dementieren nicht“.

Das kann ich gerade verzeihen -aber nehmen Krisen für Unternehmen im Zuge der Digitalisierung zu?

Nein, Krisen gab und gibt es seit Menschengedenken und werden auf sehr unterschiedliche Weise thematisiert! Allerdings hat sich natürlich die gesellschaftliche Denke stark verändert. Die Konfrontation mit der jeweiligen Problematik erfolgt mittlerweile aus mehreren Richtungen respektive Blickwinkeln. Mussten bisweilen ausschließlich die Interessen der Stakeholder gewahrt werden, haben nun die Konsumenten ein gehöriges Wort mitzureden. Aus Consumer werden „Prosumer“ – das sollten die Unternehmen unbedingt beherzigen und in keiner Weise unterschätzen. Darüber hinaus treibt die Digitalisierung den Transparenz-Prozess voran.

Nichtsdestotrotz ist beispielsweise nicht jeder dahergelaufene Shitstorm ein Anzeichen für eine Krise. Gewiss wird hier die strukturelle Wandlung der Medienlandschaft deutlich, aber das führt meines Erachtens nur zu einem bemerkenswerten Effekt: Durch die digitale Kommunikation müssen sich mehr und mehr Unternehmen sowohl mit der Krisenkommunikation im Allgemeinen als auch den Krisen-Public Relations im Speziellen beschäftigen. Über den Erfolg eines Unternehmens werden einzelne Entrüstungswellen hingegen nicht entscheiden oder gar richten!

Welche konkreten Tipps für die Krisenkommunikation konntest du du aus dem KrisenPRCamp mitnehmen?

Man kann sich präventiv auf Krisen vorbereiten. Es sollte für den Ernstfall selbstverständlich sein, einen ausgearbeiteten Krisenkommunikationsplan in der Schublade zu haben. Kreativer Input und ein gewisses Maß an Selbstironie können nicht schaden, müssen jedoch an die jeweilige Situation angelehnt sein.

Öffentliche Äußerungen sollten auch unter rechtlichen Aspekten genau abgewogen werden. Dennoch sind berechtigte Vorwürfe umfassend zuzugeben, denn eine „Salami-Taktik“ wirkt sich kontraproduktiv auf die Kommunikationsstrategie aus und wird mittelfristig weiteren Unmut hervorrufen.

Eine offene Kommunikation darf nicht unter der Einbindung von Emotionen leiden. Daher ist eine „kontrollierte Offensive“ auf sachlicher Ebene unabdingbar. Um dem Gegenüber zudem auf Augenhöhe zu begegnen, sollte man dessen Bedürfnisse ernst nehmen und vor allem sich selbst als nicht so wichtig erachten. Dagegen muss man sich auch nicht alles gefallen lassen.

Vielen Dank, Stefan Schütz!

 

Über Stefan Schütz

Stefan Schütz hat in Köln BWL mit Schwerpunkt Marketing studiert und ist seit knapp acht Jahren als Berater im B2C- und B2B-Sektor tätig. Seit 2010 leitet er das Beraterteam eines Mediendienstleisters und betreut Unternehmen und Agenturen bei ihrer Mediaplanung und hilft bei der zielgerichteten Umsetzung crossmedialer PR- und Marketingkampagnen. Im Blog www.pr-stunt.de schreibt er über Themen und persönliche Erfahrungen der Öffentlichkeitsarbeit und Social Media.

Einen vertiefenden Einblick in das Thema Krisenkommunikation bietet dieser Ratgeber von Dr. Lorenz Steinke.

Das Interview führte Nicolas Scheidtweiler.