Gerade fühle ich mich wie ein kleines Kind. Oder wie jemand, der sich wenig mit Politik und Gesellschaft, ihren Prozessen und ihrer Organisation beschäftigt und auf mediale Massenmedien vertraut. Aus meiner Sicht als PRler erkenne ich darin Bemerkenswertes.

Seit ein paar Tagen lebe ich in Österreich. Außer Bundeskanzler Sebastian Kurz kenne ich keinen herausgehobenen Politiker in exekutiven Funktionen im Alpenstaat.

In Deutschland ist das anders, da kenne ich das gesamte Kabinett der Bundesregierung, ich kenne jeden Ministerpräsidenten und die Spitzenpolitiker der Parteien. Als kritischer Beobachter weiß ich, wer an Entscheidungen beteiligt ist, wie sie getroffen werden. Das ist mir im österreichischen System völlig unbekannt.

Und jetzt stelle ich eine Lernkurve fest.

Das ist für mich als PR-Berater eine äußerst bemerkenswerte mediale Erfahrung, die für meinen Beruf immer eine große Rolle gespielt hat.

Offizielle Magazine zeigen ein Image

Vorgestern flattert mir das Magazin der Tiroler Landesregierung in den Briefkasten. Ich lese das Vorwort des Landeshauptmanns, des Ministerpräsidenten. Das Geschriebene klingt für mich als Leser, der den Absender nicht kennt, sehr plausibel, sehr schlüssig und sehr vernünftig. Dazu das Bild des Landeshauptmanns, adrett und schick in Anzug und Krawatte, sehr seriös und vertrauenswürdig.

Ich weiß nicht, welcher Partei dieser Regierungschef angehört.

Aber ich habe ein Gefühl von Vertrauen, Akzeptanz und der ersten Meinung: „Der macht das gut, den kann ich auf jeden Fall wählen.“

Da ich keine Hintergründe kenne, kann ich seine Arbeit außerhalb dieses netten Grußwortes und des Regierungsmagazins nicht bewerten.

Diese mediale Öffentlichkeit ohne jegliche Hintergrundkenntnisse führt dazu, dass ich automatisch diesem Regierungschef meine Stimme geben würde. Allein, weil sein alleiniges Bild als offizieller Vertreter des Bundeslandes so präsent ist. Ich baue implizit eine Beziehung zu ihm und nicht zu anderen politischen Akteuren in diesem Bundesland auf.

Tieferer Blick zeigt Widersprüche

Wenn ich tiefer einsteige – das ist eine Frage, ob ich das aktuell möchte – würde ich eventuell feststellen, dass der Mann völlig gegen meine Interessen und Einstellungen als Bürger handelt. Aber das kann ich auf diesen ersten Blick gar nicht erkennen. Denn ich sehe nur die mediale Öffentlichkeit und weiß nichts über das österreichische bzw. Tiroler politische System. Als Neubürger nehme ich nur zur Kenntnis, dass er wichtiger Repräsentant meines neuen Staates ist.

Umgekehrt ist es in Deutschland: Hier präsentieren mir ARD und ZDF zwar ständig die Gesichter von Angela Merkel, Jens Spahn, Markus Söder, Robert Habeck, Annalena Baerbock etc. In Talkshows werden nahezu ausschließlich Gäste aus dem links-grünen Spektrum eingeladen:

Statistik: Ranking der Gäste mit den meisten Einladungen in den Talkshows von ARD und ZDF im Jahr 2020 | Statista

Allerdings kenne ich dort die Hintergründe dieses Personals. Und deren Kompetenzen, Fähigkeiten, Positionen, Entscheidungen. Die Werte dieses Personenkreises teile ich in geringem Maße. Ich halte diese genannten Personen sogar für völlig unfähig einen Staat zu führen. Auch wenn sie mir ständig im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Talkshows oder in den Massenmedien rund um SZ, Zeit, Welt etc. begegnen.

Der mediale Blick führt zur Zustimmung

Und das ist ein spannender Aspekt aus meiner Selbsterfahrung: Würde ich diese genannten fünf deutschen Politiker ohne mein Hintergrundwissen und der Beschäftigung mit politischen Inhalten und Prozessen ständig in den Medien wahrnehmen, könnte ich auch glauben, dass ein Robert Habeck oder eine Angela Merkel kompetent sind, einen Staat, die Bundesrepublik Deutschland, gut zu lenken.

Das bedeutet für PR-Schaffende: Mediale Öffentlichkeit führt zu einer positiven Konnotation und einer verbesserten Reputation der Persönlichkeit des Auftraggebers. Nicht jede Zielgruppe ist in der Lage, tiefer einzusteigen, um außerhalb von wiederholt präsentierten Bildern kritisch über das öffentlich in ARD und ZDF gesagte nachzudenken und zu recherchieren.

ARD und ZDF wissen das und setzen es um, indem sie Politiker aus dem liberalen und konservativen Spektrum außen vor lassen, ihnen Auftritte nicht verweigern, aber eine eine gezielte Auswahl der Gäste mit Schlagseite nach links verfolgen.

Politische Dimension der öffentlichen PR

Mit Betrachtung der Stimmung in der Bevölkerung, wundert mich daher nichts. Denn ich sehe, dass viele Menschen in Deutschland sich nicht so intensiv mit Politik beschäftigen, sich eher auf das Privatleben konzentrieren und nicht hinter die Kulissen schauen. Sie sehen nur ständig die Gesichter von Merkel, Spahn, Söder, Habeck, Baerbock in den Massenmedien und glauben daher, dass grün-schwarze Politik ein guter Weg für Deutschland ist.

Die meisten Bürgerinnen und Bürger übernehmen nur den Blick der Redakteure bei ARD und ZDF, die selbst nahezu ausschließlich rot-grüne Parteigänger sind (Faz: Volontäre der ARD: 92% für Rot-Rot-Grün).

Auf Basis meiner jungen Erfahrung als Auslandsdeutscher ist offensichtlich: Mit Unterstützung von ARD und ZDF wird die BRD eine schwarz-grüne Regierung erhalten. So wie ich heute vermutlich unbedarft dem Landeshauptmann meine Stimme geben würde, da ich keine anderen Parteivertreter sehe und kenne.

Die Massenmedien um ARD, ZDF, Welt etc. sollten sich jedoch fragen, ob es richtig ist, ihren Wunschpolitikern immer so eine große Bühne zu bieten. Oder ob es ihrem Anspruch entsprechen sollte, politische Alternativen aufzuzeigen und Akteure aus dem liberalen-konservativen Spektrum gleichermaßen zu zeigen. Denn eine Gesellschaft muss pluralistisch bleiben und über unterschiedliche Wege diskutieren (mehr zur Rolle der Massenmedien in der Demokratie).

Finale Fragen an mich – Mediale Unwissenheit tut gut?

Für mich bleiben final nur die Fragen:

  • Wie weit will ich in das österreichische System einsteigen?
  • Will ich wissen, wer der Landeshauptmann wirklich ist?
  • Will ich wissen, wie Entscheidungen über das Leben der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land getroffen werden?

Ich merke, dass es mir ein gutes Gefühl gibt, zu glauben, dass die mir bekannten Politiker in Österreich gute Arbeit leisten und das Beste für die Menschen wollen. Dass ich Magazine in den Händen halte oder mal ORF schaue, in denen wiederholt denselben Politikern regelmäßig eine Bühne geboten wird, um ihnen eine positive Wahrnehmung zu verschaffen und mein Vertrauen zu erhalten.

Es ist ein Gefühl, in der Matrix zurück zu sein und einfach unkritisch das Leben zu genießen.

Allerdings darf man nicht vergessen, dass sich irgendwann politische Entscheidung unmittelbar auf das individuelle und private Leben auswirken. Auch wenn man sich in seinen Kokon zurückzieht und wegschaut.

Das sollten wir alle im Hinterkopf behalten und uns kritisch mit den regelmäßig von ARD und ZDF präsentierten Personen befassen und in weiteren Medien zu recherchieren.


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