Joeseph Goebbels

Joeseph Goebbels, Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda

Grundsätzlich gibt es zwei Positionen, die sich bei der Frage, ob es Public Relations im Dritten Reich gab, gegenüberstehen. Diese Positionen ergeben sich aus der Definition des Begriffs Propaganda. Fraglich ist daher, ob die nationalsozialistische Propaganda als ein Aspekt der PR gesehen werden kann.

In diesem Artikel wollen wir die Begriffe Public Relations und Propaganda voneinander abgrenzen und diese in den Kontext des Dritten Reichs einordnen.

Vorab eine Bemerkung auf Hinweis eines Lesers hin: Es handelt sich bei der vorliegenden Betrachtung in erster Linie nicht um eine ethische Wertung der nationalsozialistischen Propaganda. Diese Form der Massenkommunikation lernen wir als unerträglich, unsäglich und kriminell ab. Dieser Artikel behandelt nur die theoretischen Aspekte aus Blick der Fachdiszplin.

Propaganda als totale Public Relations

Betrachtet man die Propaganda im deutschen Begriffssinn, ergibt sich, dass es keine Public Relations im engeren Sinne gab. Denn PR bedeutet auch Öffnung für differierende Gesellschafts- und Unternehmensziele. Diese gab es im Dritten Reich nur in marginalen Randbereichen, so dass die Öffentlichkeit gar nicht erreicht werden konnte. Daher geht eine Meinung davon aus, dass es aufgrund der dominierenden Stellung der nationalsozialistischen Propaganda keine PR zwischen 1933 und 1945 gab bzw. geben konnte. Denn wenn auch Pressereisen und -konferenzen von Wirtschaftsunternehmen stattfanden – divergierende Parteimeinungen konnte es per se aufgrund der Gleichschaltung nicht geben – waren sie doch deutlich von der nationalsozialistischen öffentlichen Kommunikation geprägt.

In diesem Sinne gab es auch keine Interdependenzen zwischen PR, Werbung und Journalismus, sondern nur eine auf der Vorrangstellung der NS-Propaganda beruhende starke Beeinflussung der Teilbereiche der Kommunikation. Für die Kommunikation bedeutete die nationalsozialistische Programmatik konkret einen totalitären Anspruch, der grundsätzlich dem heutigen Verständnis von Public Relations bzw. (Unternehmens-)kommunkation widerspricht.

Begreift man Public Relations zudem als evolutionären Prozess, der sich in Stufen entwickelt, taucht von der Schwelle von der Weimarer Republik zum Dritten Reich unvermittelt die Frage auf, ob die PR dort eine Weiterentwicklung fanden. Das ist ebenfalls fraglich. Insoweit kommt nach dem modellorientierten Ansatz ebenfalls eine Negierung der Public Relations im Nationalsozialismus in Betracht.

Propaganda als Teil der Public Relations

Die Gegenmeinung geht vom amerikanisch geprägten Begriff der Propaganda aus. Nach dem Vier-Phasen-Modell von Grunig/Hunt ist Propaganda als basale Form der Public Relations anzusehen. Wenn man davon ausgeht, dass die Nationalsozialisten Öffentlichkeitsarbeit ohne symmetrische Kommunikation betreiben wollten, wurde der Ansatz Publicity richtig gewählt. Damit beinhaltet der Begriff zumindest abstrakt – im Gegensatz zur o.a. konkreten Auswirkung – einen pluralistischen Anspruch.

Die vollständige Wahrheit war nicht wesentlich für die Öffentlichkeitsarbeit der Nationalsozialisten. Diese Meinung wird gestützt durch die Arbeit von Ivy Ledbetter Lee. Er arbeitete als PR-Fachmann für das Ministerium Josef Goebbels. Damit kam es zumindest zu einer Synthese zwischen Public Relations und nationalsozialistischer Propaganda. Diese Gegenmeinung wird bekräftigt durch die Einführung des Begriffs Public Relations in die deutsche Wirtschaft im Jahr 1937.

Beurteilung

Wir schliessen uns der zweiten Meinung, dass es Public Relations im Dritten Reich gab, an. Denn die Wurzeln der nationalsozialistischen Propaganda liegen in der Öffentlichkeitsarbeit der NSDAP in der Weimarer Republik. Die junge Partei wählte schon früh geschickte Maßnahmen, um wahrgenommen zu werden. So begann das offizielle Parteiverzeichnis mit der Nummer 501, um eine gewisse Größe vorzutäuschen. Dazu kam die Vermarktung des Buches „Mein Kampf“, das Anklang in der Öffentlichkeit (bspw. den Feuilletons) fand. Diese Form der Selbst-PR setzte sich im Dritten Reich fort, wobei das Buch durch den Standesbeamten an Brautpaare überreicht wurde.

Andere Beispiele der NS-PR waren die Kampagne gegen den Young-Plan zusammen mit Stahlhelm und DNVP oder die Anpassung an die öffentliche Meinung nach der Wahlschlappe 1928, in der versucht wurde sich durch Rücknahme des Themas Antisemitismus im Parteiprogramm Anklang in bürgerlichen Kreisen zu finden (asymmetrische Kommunikation). Somit bestanden zwar im Dritten Reich die PR nahezu uneingeschränkt aus der NS-Propaganda, jedoch hatte die NSDAP noch vor der Machtübernahme gezeigt, auch andere PR-Modelle i.S.v. Grunig/Hunt zu nutzen.

Während des Dritten Reichs wurde diese Klaviatur (Informationstätigkeit, (a-)symmetrische Kommunikation) obsolet, da der Einfluss der Partei so stark war, dass das Grundmuster Publicity ausreichte, um Einfluss auf die Öffentlichkeit zu nehmen. Und nicht zuletzt wurden die Erfahrungen in der Propagandaarbeit des Dritten Reichs durch den ehemaligen Ministeriumsmitarbeiter Albert Oeckl in die PR der jungen Bundesrepublik überführt.

Somit besteht zwar eine Zäsur derart, dass die PR im Dritten Reich nicht mehr pluralistisch war bzw. sein musste, aber es wäre den Handelnden durchaus möglich gewesen, auch andere Kommunikationsmodelle anstelle der Propaganda zu wählen. Dies entspricht weitgehend der Annahme von Grunig/Hunt, dass das Zusammenspiel der verschiedenen Modelle der PR situativ ist. Somit kann im Dritten Reich von einer Form der PR gesprochen werden.


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