Das Leistungsschutzrecht - Scheidtweiler PRGelegentlich spielen politische Entscheidungen eine Rolle für die Arbeit in der PR-Branche. Aus aktuellem Anlass wollen wir in dem heutigen Artikel das Gesetz zum Leistungsschutzrecht in den Kontext unserer Branche stellen. Der Gesetzentwurf wurde am 29. August 2012 vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht hat.

Die Verlage jubeln zwar, dass ihre Forderungen Gehör finden. Aber etliche Netzaktivisten und Web-Plattformen fluchen ob der Ignoranz gegenüber Grundmechanismen des Internets. Es handelt sich bei dem Leistungsschutzrecht um ein sehr komplexes Thema im Spannungsfeld von Medienrecht, Netzpolitik, Urheberrecht, technischen Möglichkeiten, Marktwirtschaft, Lobbyismus etc. p.p. Wir versuchen in unserem Artikel zu beleuchten, worum es beim Leistungsschutzrecht überhaupt geht und weshalb es auch für PR und Marketing zu Veränderungen führen würde.

Leistungsschutzrecht – ein wahrer Schildbürgerstreich

Auf was zielt das Leistungsschutzrecht eigentlich ab? Es handelt sich dabei um eine Gesetzesinitiative welche von Lobbyisten aus dem Kreise der Zeitungsverleger – allen voran der Konzerngeschäftsführers „Public Affairs“ der Axel Springer AG Christoph Keese – welche nicht etwa darauf abzielt das Urheberrecht der Autoren journalistischer Werke zu stärken, sondern die vermeintliche Leistung der Verlage Presseartikel sortiert zu publizieren. Diese fühlen sich vermeintlich ausgenutzt, wenn Suchmaschinen wie etwa Google Artikel verschiedener Presse-Seiten gebündelt nach Themen bzw. Suchworten im Netz verlinken und im Rahmen dieses Service Einnahmen über Einblendung von Werbung erzielen, obwohl diese Werbung teilweise sogar von den Presseverlegern selbst geschaltet wird.

Man will also ein Stück von dem Kuchen abhaben, den Google damit erzielt, dass es kostenlos Werbung für die Zeitungen macht. Gerne wird dabei behauptet, dass man ja auch den Schutz des Urheberrechts im Sinne habe, da man verhindern wolle, dass andere Seiten Pressetexte im Ganztext wiedergeben. Doch dies ist faktisch als Heuchelei zu bezeichnen, da dies Suchmaschinen, aber auch Nachrichten-Aggregator und Blogs, welche man ursprünglich auch zur Kasse bitten wollte, eigentlich nicht tun.

Zudem wäre dafür kein neues Recht notwendig, da ein derartiges Verhalten schon über das bestehende Urheberrecht geahndet werden kann. Die Sinnlosigkeit des Leistungsschutzrecht lässt sich recht treffend mit Vergleichen verdeutlichen, wie wenn etwa Restaurants Geld von Speiseführern verlangen würden, dass diese für sie werben oder etwa Kultureinrichtungen von den Feuilleton-Redaktionen der Zeitungen, dass diese über ihre Veranstaltungen berichten.

Denn nichts anderes machen die Suchmaschinen ja. Sie werben für Inhalte auf Seiten anderer mit der Überschrift des Artikels und ggf. einem Anrisstext. Für den eigentlichen Konsum der Inhalte muss man aber die Quelle der selbigen aufrufen, wo die Anbieter diese entsprechend frei ihre Inhalte monetarisieren können.

Der elektrische Reporter von ZDFinfo hat das gut zusammengefasst:

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Bei Umsetzung auch Veränderungen für PR und Marketing

Mancher stellt sich jetzt sicherlich die Frage, worin denn nun das Problem für Gewerbetreibende und Organisationen liege, welche weder im Bereich der Presseverleger, noch in dem der Suchmaschinen tätig sind.

Wenn diese Akteure (insbesondere PR-Agenturen und Pressesprecher) Pressemitteilungen herausgeben, nutzen sie den Multiplikator-Effekt der Medien, wenn diese Pressemitteilungen im Rahmen entsprechender Artikel in den Zeitungen abgedruckten aber auch auf deren Webseiten veröffentlicht werden. Diese Online-Artikel lassen sich dann über Suchmaschinen finden und helfen der Firma oder Organisation leichter bzw. häufiger über Suchmaschinen bei der Suche in ihrem Themenbereich gefunden zu werden.Das dient der Online-Reputation.

Sollte es aber letztendlich wirklich zur gesetzgeberischen Umsetzung des Leistungsschutzrecht kommen, wäre zu erwarten, dass die Suchmaschinen eben nicht Lizenzgebühren an die deutschen Presseverleger zahlen, da deren Inhalte wirklich nur einen kleinen Teil des Datenportfolio der Suchergebnisse ausmachen. Stattdessen würden die Webseiten der Presseverleger Deutschlands von den Suchmaschinen schlichtweg nicht mehr berücksichtigt. So schon in Belgien geschehen.

Das heißt aber für die Pressearbeit, dass Presseartikel in denen über sie berichtet wird, würden dann z.B. bei Google nicht mehr gefunden werden. Die Reichweite von Pressekampagnen würde so immens gemindert. Aufwändiger würde aber auch die für das Marketing recht wichtige Beobachtung von Mitbewerbern, da man eben auch Presseberichte über diese schwerer auffinden würde. Hier wäre man ggf. alternativ auf eventuell geschlossene Nachrichten-Aggregatoren angewiesen, welche hier ausgleichend Presseartikel gebündelt nach den Themen anbieten die einen interessieren, wofür diese eventuell auch wieder Geld verlangen.

Unternehmen müssen andere Kanäle stärker nutzen

Deutlich macht diese Gefahr aber auf jeden Fall, dass Unternehmen sich heutzutage nicht allein auf die Strahlkraft der traditionellen Presseerzeugnisse verlassen sollten. Es wird dann wichtiger, dass Inhalte unabhängig von Mittlern oder Multiplikatoren wie den Printmedien verbreitet werden. Der Einsatz von Ressourcen für die Pressearbeit wäre weniger sinnvoll, Budgets sollten dann in die Kanäle umgeleitet werden, mit denen Unternehmen eigene Inhalte unmittelbar an die Zielgruppen (Kunden, Nutzer, Interessenten, Bewerber etc.) weitergeben können. Dazu gehört vor allem die eigene Webseite, aber auch der Bereich Social Media gewinnt in diesem Kontext an Gewicht. Eine weitere Option ist die teilweise Substitution der Pressearbeit durch Blogger-Relations. Diese werden an Relevanz im Gegensatz zu den Medien zunehmen.

Eine letzte – subjektive – Anmerkung: Es ist zu hoffen, dass das Leistungsschutzrecht letzten Endes keine Umsetzung im Rahmen eines Gesetzes finden wird, da sonst ein recht grundlegender Mechanismus des Internets in Deutschland immens behindert würde.

Der Text entstand in Zusammenarbeit mit unserem Experten Benjamin Wagener. Er studierte Informatik und beschäftigt sich mit Online PR, Datenschutz und Netzpolitik.

Für weitere Informationen steht Ihnen Scheidtweiler PR gerne zur Verfügung. Wir helfen Ihnen, neue Kanäle wie Social Media (Facebook, Twitter, Google+ und Co.) und Mobile Marketing mit der klassischen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit strategisch zu verknüpfen. Dies hilft Ihrem Unternehmen effizient und kostensparend zu kommunizieren.

Mehr Informationen über den Autor Nicolas Scheidtweiler erhalten Sie auf seinem Google+-Profil.