In zwei Teilen widmen wir uns dem Thema Social Media und Strategie. Wir haben uns entschieden, dieses Thema nicht aus der Sicht der Social Media zu betrachten, sondern stärker auf die Strategie beziehen. Dort müssen unseres Erachtens noch viel mehr Inhalte vermittelt werden.

Im ersten Teil gehen wir mit unserem Gesprächspartner auf die strategischen Grundlagen und die Wettbewerbsanalyse ein. Im zweiten fokussieren wir auf das Monitoring.

Das Interview mit Marko Willnecker über die Strategie in den Social Media führt Nicolas Scheidtweiler.

Marko Willnecker - Social Media StrategieHerr Willnecker, Sie setzen den Schwerpunkt auf die strategische Ausrichtung der Social Media-Kommunikation. Warum benötigt ein Unternehmen dort eine Strategie?

Der Prozess einer Strategieentwicklung „zwingt“ dazu, sich Gedanken über die Konkretisierung der Unternehmensziele in den Social Media zu machen und klare Ziele für das Agieren in den Social Media zu definieren. Richtig angegangen, stellt eine Social Media-Strategie die Verbindung zwischen den Unternehmenszielen auf der einen und den konkreten Aktivitäten in den Social Media auf der anderen Seite dar.

Eine Social Media-Strategie schafft damit einen Rahmen für das Agieren in den sozialen Medien und bietet den Mitarbeitern Orientierungshilfe.

 

Wichtig ist eine Strategie auch, weil in den Social Media häufig mit qualitativen Zielen („Image verbessern“, „Vertrauen schaffen“) gearbeitet wird. Bei diesen qualitativen Zielen ist aber der Weg zur Zielerreichung nicht immer so klar wie bei quantitativen Zielen: Will ich mehr Umsatz, muss ich mehr verkaufen. Logisch. Aber wie erreiche ich ganz konkret mehr Vertrauen bei meinen Kunden? Was muss ich dafür tun? Eine Social Media-Strategie gibt hierauf die Antwort.

Ferner sind die angeführten qualitativen Ziele häufig nur langfristig zu erreichen, weil sie auf Einstellungsänderungen bei Menschen beruhen. Für ein Unternehmen bedeutet dies in der Folge eine langfristige Mittelbindung. Und m. E. sollte bei einer langfristigen Investition ein ganz konkreter Plan = Strategie zu Grunde liegen.

Und schließlich kann das Vorhandensein einer klaren Strategie auch dazu beitragen, die Akzeptanz von Social Media zu erhöhen- weil ich nachprüfbare Ergebnisse erzielen muss.

Was verstehen Sie unter der Strategieentwicklung?

Für mich ist der Ausgangspunkt einer Strategieentwicklung für die Social Media – ganz unspektakulär – der Wertschöpfungsprozess des Unternehmens. Dabei muss man sich die Frage stellen, welche Werte in dem Unternehmen geschaffen werden und wie diese Werte entstehen. Dabei geht man von den Akteuren im Wertschöpfungsprozess aus und analysiert, auf welche Weise sie Beiträge leisten.

Der nächste Schritt besteht darin, Antworten zu finden, wie Social Media diese Wertschöpfung unterstützen oder gar verbessern können. Wichtig ist, die relevanten Prozesse zu identifizieren und sich auf diese zu konzentrieren. Wenn bisher z.B. der Kundenservice keinen hohen Stellenwert hatte, warum sollte ich diesen in den Social Media zu forcieren versuchen?

Strategieentwicklung in den Social Media bedeutet für mich also in erster Linie, „das Rad nicht neu zu erfinden“. Manchmal wird so getan, als seien soziale Medien etwas vollkommen Neues und Unternehmen bräuchten ganz außergewöhnliche Ansätze für diese „Problematik“. Ich behaupte, das vorhandene Instrumentarium aus unterschiedlichen Disziplinen muss lediglich etwas „justiert“ werden, um den charakteristischen Eigenschaften der sozialen Medien Rechnung zu tragen.

Die Basis ist die Analyse von Unternehmen und Wettbewerb. Dort gibt es das Stichwort „competitive intelligence“. Was heißt das genau?

„Competitive Intelligence“ bedeutet die Gewinnung von „handlungsrelevantem Wissen“ durch die Analyse der Konkurrenten und des Wettbewerbsumfeldes. Die Wettbewerbsanalyse ist für Social Media gleich in zweierlei Hinsicht relevant. Zum einen sollte sie fester Bestandteil der externen Unternehmensanalyse im Rahmen der strategischen Planung sein.

Hier können z.B. wertvolle Hinweise über „best-“ oder „worst-practices“ der Konkurrenz oder Kundenmeinungen zu Konkurrenzprodukten gewonnen werden. Zum anderen stellen die Social Media für Großunternehmen aber auch einen hervorragenden Kanal dar, um einzelne „Puzzlestücke“ über das Verhalten der Konkurrenten zu gewinnen:

  • Warum besucht der leitende Entwicklungsingenieur des Konkurrenten die Fachveranstaltung X mit Themenschwerpunkt Y? (Quelle: z.B. Mircoblog des Ingenieurs von der Veranstaltung)
  • Warum bewirbt der Konkurrent plötzlich drei Stellen im Bereich X? Haben Mitarbeiter das Unternehmen verlassen? Wenn ja, warum? Wird ein Bereich neu aufgebaut? (Quelle z.B. Hochschulmarketing in sozialen Netzwerken)
  • Warum hat sich der Einkäufer zu zwei Mitarbeitern eines neuen Lieferanten von Z „verxingt“? (Quelle: Businessplattform)
  • Welche Rückschlüsse lassen sich aus der Tatsache ziehen, dass der Geschäftsführer gerade den Personen X, Y und Z auf Twitter folgt und nicht anderen Personen aus diesem Themenumfeld? Können dadurch künftige Entscheidungen antizipiert werden? (Quelle: z.B. Microblogging-Dienst)

Für sich alleine betrachtet, sind diese Daten noch nicht sonderlich wertvoll. Werden sie aber mit Daten aus anderen Quellen verknüpft, können sich wertvolle Hinweise über Intentionen des Wettbewerbers gewinnen lassen. Um Unternehmen Hilfestellung bei der Wettbewerbsanalyse zu geben, erarbeiten wir im Rahmen eines Arbeitskreises des Deutschen Competitive Intelligence Forums aktuell einen Leitfaden – über die Veröffentlichung halte ich Sie auf dem Laufenden.

Im zweiten Teil des Interviews sprechen wir über die Rolle des Monitoring in den Social Media.


Über Marko Willnecker

Marko Willnecker ist Berater und Trainer mit den Schwerpunkten strategische Planung sowie Kommunikation  und Konkurrenzanalyse in sozialen Medien. Er absolvierte das Studium der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Universität der Bundeswehr in München sowie Business Consulting an der Hochschule Wismar. Er ist Partner des Beratungshauses HAAK | OSD und dort für die Konzeption von Online-Projekten zuständig. Weiter Infos unter seinem Google+-Profil oder www.online-software-development.de.