Pierre Bourdieu - Soziologie und FacebookAm letzten Tag des Jahres wird es noch einmal richtig theoretisch um die Social Media. Denn ab und zu ist man doch überrascht, wenn einen das Studium nach langen Jahren wieder einholt. Dann nämlich, wenn die theoretisch abstrakte Grundlage sehr konkrete Auswirkungen auf die eigene Arbeit hat.

Meine Diplom-Arbeit habe ich zum Thema soziale Beziehungen hochqualifizierter Migranten geschrieben. Grundlegendes Modell war die Kapitaltheorie von Pierre Bourdieu. Diese stellt dar, wie soziale Beziehungen funktionieren. Und somit auch soziale Netzwerke im Internet.

In diesem Artikel möchte ich knapp den Ansatz skizzieren und den Bezug zu Facebook andeuten. Insgesamt ist es mein Ziel, die Relevanz eines theoretischen Unterbaus für die Kommunikationsarbeit zu verdeutlichen.

Pierre Bourdieu und Werk

Der französische Soziologe Pierre Bourdieu (1930 – 2002) hat mich mit seiner Denkweise geprägt. Viele seiner Begriffe, die ich in meinem Studium kennenlernen durfte, sind fester Bestandteil meiner Sprache geworden: Habitus, sozialer Raum, soziales Feld, Klasse. Viele seiner Forschungsgebiete können heute Grundlage der Analyse technisch-gesellschaftlicher Entwicklungen sein. Meines Erachtens wird Pierre Bourdieu an der Stelle wissenschaftlicher PR noch zu wenig Beachtung geschenkt.

Kapitalarten

Pierre Bourdieu - Facebook und KapitalIn seiner Kulturtheorie geht Bourdieu davon aus, dass Interaktion zwischen den Menschen auf dem Austausch der verschiedenen Kapitalarten beruht. Ökonomisches Kapital kann beispielsweise in kulturelles Kapital gewandelt werden, in dem man eine teure Eliteuniversität besucht. Aber zunächst zu den vier Arten:

Ökonomisches Kapital

Unter dem ökonomischen Kapital werden alle materiellen Ressourcen verstanden, auf die eine Person zurückgreifen kann. Darunter zählt in erster Linie das Geld. Daneben aber auch das gesamte Eigentum, wie Fabriken, Land, Edelsteine etc.

Soziales Kapital

Das Netzwerk und die Ressourcen, auf die Menschen bei ihren Beziehungen zurückgreifen können, sind das soziale Kapital. Es deckt eine große Bandbreite ab: Vom Zuckerborgen bis zur Jobbeschaffung. Der Aufbau benötigt Zeit, da die Basis Vertrauen ist.

Kulturelles Kapital

Erworbene Bildung ist das kulturelle Kapital. Es wird durch die Erziehung übertragen. Dazu gehören auch mileuspezifische Verhaltensweisen. Daneben geht es auch um Kunst (Gemälde etc.), über die jemand verfügen kann. Und nicht zuletzt um Titel und Abschlüsse.

Symbolisches Kapital

Beim symbolischen Kapital handelt es sich um das Prestige oder das Renommee einer Person. Es kann durch Orden und Ehrenzeichen, besondere Ämter oder einen bestimmten Kleidungsstil gezeigt werden. Es ist quasi das Dach über den drei anderen Kapitalarten.

Ein kleines Video zum Thema finden Sie hier.

Übertrag zu Facebook

Was in der analogen Welt gilt, gilt auch für die digitale Welt. Gerade bei Facebook machen sich die Kapitalarten und ihr Transfer – noch stärker seit Einführung der Promoted Posts – bemerkbar.

Durch den Einsatz ökonomischen Kapitals können Unternehmen ihre Fanbasis schneller erweitern. Dazu gehört beispielsweise der Kauf von Anzeigen, aber auch der Einsatz von mehreren Mitarbeitern, die sich um die Fans kümmern und im engen Dialog mit diesen stehen.

Durch die große Fanbasis können wiederum Erkenntnisse („kulturelles Kapital“) durch Crowdsourcing erlangt werden, die dabei helfen, ein Produkt und damit den Absatz zu optimieren. Und dadurch das ökonomische Kapital zu erhöhen.

Und letztlich ist die Größe der Facebook-Seite auch symbolisches Kapital. Es gibt immer wieder Ranglisten, welche Marken wieviele Fans haben. Die Anzahl der Fans bei Facebook tragen somit ein Image nach außen. Es erzeugt Prestige.

Mit diesem kleinen Theorie-Abriss zu den Social Media verabschiede ich mich in diesem Jahr und freue mich drauf, Sie in 2013 wieder als Leser begrüßen zu dürfen!


Der Autor Nicolas Scheidtweiler studierte an der Universität der Bundeswehr in München Staats- und Sozialwissenschaften. Seine Fächer waren Geschichte, Volkswirtschaftslehre, Soziologie und Psychologie. Im Anschluss studierte er Rechtswissenschaften an der Fernuniversität Hagen. Einen Aspekt seiner Arbeit legt er auf die akademische Fundierung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Mehr Informationen über Nicolas Scheidtweiler erhalten Sie auf seinem Google+-Profil.

Im Jahr 2011 gründete er seine eigene PR-Agentur in Bremen. Für weitere Informationen zu Public Relations, Marketing und Unternehmenskommunikation steht Ihnen Scheidtweiler PR gerne zur Verfügung. Die Agentur hilft Ihnen, neue Kanäle wie Social Media (Facebook, Twitter, Google+, Pinterest und Co.) und Mobile Marketing mit der klassischen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit strategisch zu verknüpfen.