Gestern wurde ich auf diesen Artikel von Svenja Hintz bei WinLocal aufmerksam. Es geht um die Frage, ob man seine Zielgruppe in den Social Media duzt oder sietzt. Eine kontroverse Frage, wie die Google+-Diskussion zeigt.
Eine Anmerkung voraus: Social Media ist weit mehr als Facebook. Unter diesen Bereich der PR fallen auch Blogs, Communities, Business Networks wie Xing und Linkedin und viele andere Formen des sozialen Austausches.
Für mich fokussiere ich in diesem Artikel auf die meines Erachtens „reinen“ Social Media, wie Facebook, Google+ oder Twitter. Diese beinhalten die wesentlichen Aspekte/Nachrichtenwerte Emotion, Nähe, Persönlichkeit. Die Social Media Xing und Linkedin sind stärker geprägt von Sachinformationen, beispielsweise der direkten Jobsuche und richten sich damit auf eine bestimmte Zielgruppe. Dazu unten mehr.
Duzen oder Siezen?
In ihrem Artikel „Duzen oder Siezen? Wie verhalten Unternehmen sich richtig auf sozialen Netzwerken?“ erläutert die Autorin, dass es sich bei der Entscheidung um eine unternehmenskulturelle Frage handelt. Für Svenja Hintz bedeutet das „Sie“ – richtigerweise – professionelle Distanz, Respekt und Höflichkeit. Implizit sagt sie in dem Artikel, dass das „Du“ eher flachen Hierarchien zuzuschreiben ist. Genau dort sehe ich den Ansatzpunkt meiner Kritik.
Social Media ist symmetrische Kommunikation auf Augenhöhe
Denn diese flachen Hierarchien finden sind fester Bestandteil der „reinen“ Social Media. Es geht um symmetrische Kommunikation auf Augenhöhe, die Interaktion gleichberechtigter Partner. Im Grunig/Hunt-Modell ist es die höchste Stufe der PR. Ein „Du“ schafft üblicherweise eine persönlichere, emotionalere Beziehung als das „Sie“ (Ausnahmen gibt es immer). Wer sich in den Social Media engagiert, als Unternehmen oder als Person, sollte diesen Aspekt im Hinterkopf haben. Vertrauen zu Fans und Freunden lässt sich schneller auf informellem Wege generieren.
Geschäft in den Social Media?
Damit sind wir bei der Frage, wann aus Sicht der Social Media-Nutzer gesiezt wird. Ein schöner Facebook-Kommentar verdeutlicht diesen Punkt:
Er stellt zurecht die Frage, inwieweit ein „Sie“ den Geschäftscharakter des Engagements in den Social Media herausstellt. Soziale Netzwerke, wie Facebook, Google+ und Twitter waren ursprünglich nicht für das Geschäft gedacht. Unternehmensseiten kamen erst spät dazu.
Ein „Sie“ lässt Bedenken an dem Engagement eines Unternehmens in den Social Media aufkommen. Der Verdacht kommt auf, dass der ursprüngliche informelle Charakter und der Austausch auf Augenhöhe, einem Shop-Charakter weicht, bei dem das Unternehmen als Anbieter bewusst auftritt.
Kleine Frage bei Facebook
Eine Frage, die ich gestern bei Facebook gestellt habe, ließ nur die Auswahlmöglichkeit „Du“ oder „Sie“ für ebendiese sozialen Netzwerke, Facebook, Google+ und Twitter, zu. 80 Prozent sprachen sich für das „Du“ aus, der Rest für das „Sie“.
In der Diskussion wurde deutlich, dass sich viele die Antwortmöglichkeit „kommt darauf an“ gewünscht hätten. Diese habe ich bewusst weggelassen, um eine Entscheidung zu erzwingen.
Herablassende Wirkung des Sie in Social Media
Eine kleine persönliche subjektive Note zur Antwort von Svenja Hintz auf meinen Kommentar: Dadurch, dass die Autorin mich siezt, fühle ich mich herablassend und distanziert von ihr behandelt. Das erwarte ich nicht im Bereich der Online Medien und gerade nicht in den sozialen Netzwerken.
Im realen Leben sieht das anders aus. Dort ist das Siezen in bestimmten Branchen Standard, an dem kein Weg professioneller Distanz vorbeigeht. Ein Duzen führt aber nicht bei allen Kunden, Lesern, Rezipienten zur Verwirrung. Das zeigt dieses Video der Sparkasse Hamburg unterhaltsam. Die Bank hat sich jetzt zum Du in den Social Media durchgerungen:
Duzen oder Siezen ist konzeptabhängig
Ein Unternehmen trifft aus Basis seines Kommunikationskonzeptes eine Entscheidung, bestimmte Zielgruppen auf bestimmten Wegen zu erreichen. Darunter fallen beispielsweise Pressearbeit, Events, Messen, Xing oder eben Facebook. Jeder Kommunikationskanal hat im Rahmen der Kommunikation verschiedene Anforderungen. Diesen muss bei der Nutzung Rechnung getragen werden.
Daneben spielt die Identität eines Unternehmens oder einer Marke eine große Rolle. Welche Werte und Kultur leben sie Geschäftsführung und die Mitarbeiter? Diese gilt es zunächst zu erheben und filtern. Auf der anderen Seite steht das Image, das von den Fokusgruppen wahrgenommen wird. Dort muss das Unternehmen die erwartete Rolle erfüllen. Sonst erzeugt es Misstrauen und Kunden können abspringen.
Für das Konzept sind verschiedene Fragen zu beantworten, bevor man zu Duzen in den Social Media beginnt:
- Welche Identität habe ich?
- Welche Rolle und welche Eigenschaften schreibt man mir zu?
- Wer ist meine Zielgruppe, nach Alter, Milieu und Bildungsstand? Wie sieht eine Persona (Was ist das?) aus?
- In welcher Region / in welchem Land starte ich die Kommunikation?
- Welche Kanäle setze ich ein?
- Welche Ziele habe ich?
Für weitere Informationen zu Corporate Communications stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Mit der Scheidtweiler PR als Teil des Consus Marketing-Netzwerkes berate ich Sie in strategischen Konzepten und der operativen Umsetzung. Dadurch erreichen wir eine enge Verbindung zwischen klassischen und modernen Medien.
Mehr Informationen über mich erhalten Sie auf meinem Google+-Profil. Ich studierte Geschichte, Soziologie, VWL und Rechtswissenschaften und habe seit dem verschiedene Aufgaben in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wahrgenommen.