Gerade bereite ich gemeinsam mit unterschiedlichen Partnern im Netzwerk ein sehr großes Projekt vor. Das Projekt, das von einem öffentlichen Träger finanziert wird, erstreckt sich auf eine Vielzahl von Teilbereichen. Ein Bereich ist das Gewinnen von Meinungsführern vor Ort. Im ersten Meeting rutschte mir dafür der Begriff Key Leader Engagement raus. Und ich blickte in erstaunte Augen. Und das erstaunte mich. Ich hatte den Begriff als bekannt erwartet.

Als ich dann den Begriff Key Leader Engagement bei Google eingab, war ich verblüfft, dass der Begriff so einfach nicht zu finden ist. Eigentlich taucht er ausschließlich in militärischen Quellen auf. Und da habe ich den Begriff auch übernommen:

Das Key Leader Engagement ist Teil der Kommunikationsstrategie der ISAF in Afghanistan.

Was sind Key Leader?

Die Übersetzung ist relativ leicht: Es handelt sich um Schlüsselfiguren (Meinungsführer) in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen (Zielgruppen). Sie üben Einfluss auf ihre Anhänger aus, da sie auf eine bestimmte Art und Weise legitimiert sind. Gerade in segmentären Gesellschaften spielen diese eine wichtige Rolle. Geht man nach dem Staatswissenschaftler Max Weber sind als Grundlagen der Legitimation Tradition und Charisma zu nennen. Irrelevant für „echte“ Key Leader  ist die legale Legitimitation, bspw. durch Wahlen. Denn die Anhänger folgen der Person des Key Leaders und nicht dem politischen System. Sie vertrauen deren Entscheidungen und übernehmen die Vorgaben (bspw. sich friedlich zu verhalten oder Waffen abzugeben). Key Leader in Afghanistan waren beispielsweise Stammes- und Dorfälteste, sowie Religionsführer.

In der westlichen, eher individualisierten, Gesellschaft gibt es diese Form der Anhängerschaft kaum noch. Jedoch könnte man im weitesten Sinne bei besonders charismatischen Persönlichkeiten von Key Leadern sprechen, wenn sie es schaffen, Bewegungen zu initiieren und diese auch zu führen. Vielleicht könnte man an Rudi Dutschke denken. Ein Begriff, der eine gewisse Verwandschaft in der PR aufweist ist der Influencer beziehungsweise in der Werbung der Testimonial.

Wie wurde das Key Leader Engagement durchgeführt?

Key Leader Engagement bedeutet die Schlüsselfigur der Zielgruppe gezielt anzusprechen, um sie von der Richtigkeit einer Sache zu überzeugen oder über Wünsche und Ziele zu informieren. Diese Überzeugung findet in persönlichen Gesprächen statt. Bedingung in einer militärischen Mission ist, dass diese Gespräche auf Augenhöhe stattfinden. Das bedeutet, dass im Key Leader Engagement der für ein Dorf zuständige Offizier mit dem Dorfältesten spricht, der für eine Region zuständige General mit dem „Powerbroker“ (früher: „Warlord“). Diese Beziehung ist dauerhaft angelegt:

Key Leader Engagement is not about engaging key leaders when a crisis arises, it is about building relationships over time with enough strength and depth, so that they can then support our interests during times of crisis. (vgl. Commander’s Handbook for Strategic Communication and Communication Strategy, pdf, 3,4 MB)

 

Eine Herausforderung im Key Leader Engagement ist das Herausfinden der entscheidenden Schlüsselfiguren. Das Ansprechen der falschen Personen kann einen negativen Effekt auf das Key Leader Engagement haben. Das Hauptquartier ISAF beschäftigt daher auch eine Abteilung, die genau analysiert, welche Funktion und welchen Einfluss, wer wo in der afghanischen Bevölkerung hat. Dies ändert sich auch regelmäßig.

Soldaten erhalten für das Key Leader Engagement eine Taschenkarte:

Key Leader Engagement - Taschenkarte

Key Leader Engagement als Teil der PR

Allein reicht es natürlich nicht, sich regelmäßig mit den Meinungsführern auszutauschen. Diese Gespräche müssen auf einer breiter kommunikativen Grundlage fußen. Daher wird das Key Leader Engagement durch die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Themen, die mit dem Key Leader bsprochen werden, werden auch der Zielgruppe insgesamt bekanntgegeben. Mein ehemaliger Aufgabenbereich, die CJPOTF in Kabul, hat die Aufgabe durch Radio, Zeitung und TV Aufmerksamkeit für diese Themen zu schaffen. Dazu gehört bspw. die Abgabe von Waffen, aber auch die Gleichberechtigung von Frauen in der Gesellschaft.

Was bedeutet das für die PR in Deutschand?

Key Leader Engagement ist nicht direkt zu übertragen. Aber was in dem zu Beginn genannten Projekt wichtig sein wird, ist es lokale Meinungsführer und Funktionsträger gezielt anzusprechen. Diese haben zwar anders als in Afghanistan weniger unmittelbaren Einfluss. Aber sie haben eine Multiplikatorfunktion. Politiker, Präsidenten von Kammern und Unternehmensführer sind im Allgemeinen gut vernetzt. Wenn diese positiv zu einer Sache eingestellt sind, werden sie dies auch gerne kommunizieren. Daher ist im Rahmen von PR-Konzeption auch der Bereich Key Leader Engagement zu beachten.

Ein „ziviler“ Begriff für das PR-Instrument ist „Top Stakeholder Engagement“. Den Begriff nutzt der Kommunikations-Experte Sebastian Knepper in diesem Interview.

Über Scheidtweiler PR

Für weitere Informationen steht Ihnen Scheidtweiler PR, Agentur aus Bremen, gerne zur Verfügung. Ich helfe Ihnen, moderne Kanäle wie Social Media (Facebook, Twitter, Google+ und Co.) und Mobile Marketing mit der klassischen Unternehmenskommunikation zu verknüpfen. So kommunizieren Unternehmen und Organisationen effizient und kostensparend mit ihren Zielgruppen (Käufer, Interessenten, Anwohner).

Ich habe den Artikel zum Key Leader Engagement als ehemaliger Offizier der Bundeswehr geschrieben. Ich habe zehn Monate in Afghanistan als Teil der CJPOTF die Kommunikation der ISAF umgesetzt. Dabei führte ich den Radiosender “Sada-e Azadi” mit 30 afghanischen Redakteuren. Im Anschluss arbeitete ich für den Truppenbetreuungssender der Bundeswehr, Radio Andernach. Weitere Informationen über mich erhalten Sie auf meinem Google+-Profil und bei Twitter.

Aus meiner Sicht muss PR dauerhaft und kontinuierlich gestaltet werden. Nur durch eine dauerhafte, ideenreiche und seriöse Partnerschaft kann der Kommunikationserfolg erreicht werden. Meine Kunden sind mittelständische Unternehmen aus Bremen und Norddeutschland. Ich fokussiere insbesondere auf die technologie- sowie die wirtschaftsnahen Branchen.