Sehr geehrte Damen und Herren,

2006 wurde der Begriff „Crowdsourcing“ geprägt. Jeff Howe vom Wired Magazine beschrieb damit eine unternehmerische Praxis, Aufgaben, die sonst von einem festen Angestellten ausgeführt werden, bedarfsweise an eine große Gruppe von Personen auszuschreiben, die auf Abruf die Aufgabe oder eine Teilaufgabe übernehmen.

Crowdsourcing gibt es in vielen Spielarten. Tritt die im Web vernetzte Schwarmintelligenz durch Crowdworking direkt gegen die klassische Marktforschung an, dann in Form des Crowdmarketing. Ein Beispiel für Crowdmarketing ist das Crowdtesting. Hier prüfen Tester Apps, Onlineshops oder Browsergames.

Der Anbieter wertet im Anschluss das Feedback der Tester zur Usability aus und nutzt die Ergebnisse zur Optimierung für seine Anwendungen. In diesem Fall sind keine professionellen Tester am Werk, sondern ein beliebig großes Spektrum aus der Masse der User. Das stellt den wesentlichen Unterschied zur klassischen Marktanalyse durch Experten dar.

Crowdmarketing schlägt Marktforschung - oder nicht - Newsletter 01-2018

Vorteile der Marktanalyse durch ein Institut

Die klassische quantitative Marktanalyse sammelt mittels Demoskopie und Ökoskopie numerische Daten zum jeweiligen Markt. Die qualitative Marktbeobachtung ermittelt die Motive für das Verhalten von Konsumenten. Erhoben, analysiert und statistisch ausgewertet werden dabei Daten zu

  • allgemeiner Marktentwicklung und der Marktposition einzelner Unternehmen mittels Branchen betreffender Statistiken, wissenschaftlicher Studien, Geschäftsberichten
  • Umsatz, Lagerbeständen, etc.
  • Aufteilung der Kunden in einzelne Segmente (Alter, Geschlecht, Beruf etc.)
  • Umfang und Wirkung von Werbekampagnen in verschiedenen medialen Umgebungen
  • Kundenzufriedenheit, geäußert in Befragungen, Kommentaren oder Reklamationen

Zunächst sieht es so aus, als könnten derartige Aufgaben problemlos auch von Externen mittels des Crowdmarketing erledigt werden. Worin bestehen die Vorteile, wenn professionelle Statistikexperten Marktanalyse betreiben?

Experten eines Meinungsforschungsinstituts sind mit allen statistischen Erhebungsmethoden bestens vertraut und zu Verschwiegenheit absolut verpflichtet.

Wird die Marktanalyse durch ein Institut übernommen, ist ein klares Auftragsverhältnis definiert, an das sich das Institut halten wird.

Zwar ist es theoretisch möglich, dass einem Institut anvertraute Daten veruntreut werden, es wäre dann aber immer möglich, auf dem Rechtsweg gegen den Beauftragten vorzugehen. Für das Meinungsforschungsinstitut ein ultimativer Imageverlust, den dieses unter allen Umständen vermeiden wird.

Der Blick von außen kann einen objektiveren Beitrag zum unternehmerischen Prozess leisten als eine „betriebsblinde“, unternehmenseigene Marktforschungsabteilung.

Die Kosten sind entsprechend hoch. Wichtig ist daher, Referenzen anzufragen, die sicherstellen, dass das beauftragte Institut über die notwendige Erfahrung mit spezifischen Fragestellungen der eigenen Branche mitbringt.

Vorteile des Crowdmarketing

Crowdmarketing funktioniert meist gut und von selbst, wenn sogenannte Prosumenten beteiligt sind. In ihrer hybriden Rolle aus Konsument und Produzent produzieren sie Mehrwert, indem sie sich auf verschiedenen Plattformen zu einem ihnen bekannten Produkt äußern.

Dass großes Interesse daran besteht, Produkte zu optimieren und bei ihrer Entwicklung einen Beitrag zu leisten, auch wenn dafür keine Bezahlung erfolgt, ist offensichtlich. Ein Blick in soziale Netzwerke und die Kommentarspalten im Internet genügen, um das zu beweisen. Finanziell unabhängiges Feedback und ehrliche Meinungen sind für den Unternehmer Gold wert.

Diese freiwilligen Beiträge zu nutzen, sie gegebenenfalls auch zu filtern, um sie aktiv für die Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens nutzbar zu machen, stellt die eigentliche Aufgabe an die Zukunft dar. Eine redaktionelle Kontrolle von vielleicht auch unliebsamen Kommentaren ist für jedes Unternehmen, dem sein Ruf etwas wert ist, überlebensnotwendig.

Für ein Unternehmen ist es also gut, viele Daten zu sichten und auswerten zu können. Es muss aber seine eigenen Schlüsse ziehen können, Informationen filtern und realisierbare unternehmensspezifische Strategien entwickeln. Deswegen kann auf In-House Marketing nicht komplett verzichtet werden.

Der größte Vorteil der Auslagerung von Aufgaben der Marktforschung an das Crowdmarketing besteht in der Zeit- und Kostenersparnis. Laufende Kosten sind geringer und Ausgaben fallen nur projektorientiert an. Mittel und Ressourcen für Crowdsourcingprojekte können daher schneller bereitgestellt werden und Ergebnisse liegen entsprechend zeitnah vor.

Die Marktbeobachtung durch die Crowd kann international und über Altersgruppen oder sprachliche Grenzen hinweg in immer neuen Teams erfolgen und sowohl fachfremde wie auch branchenaffine Teilnehmer einbeziehen. Auch unkonventionelle Herangehensweisen können zielführend sein und mit frischen Lösungsansätzen überraschen, die denen der Profis qualitativ vergleichbar sind.

Grenzen und Risiken des Crowdmarketing

Auch Nachteile sind denkbar. Sucht ein Unternehmen beispielsweise einen Namen für ein neues Produkt und ruft zum Einreichen von Vorschlägen auf, ist zwar das kreative Potenzial der Gruppe enorm, aber eine Vielzahl von Vorschlägen wird bereits deshalb ausscheiden, weil der Name bereits vergeben oder geschützt ist. Das Unternehmen muss also wieder Kapazitäten bereitstellen, um die Einsendungen mittels des eigenen Branchen-Know-hows zu sichten und zu prüfen.

Daten sind schnell vertraulich, sobald sie genauer werden. Wird ein zu lösendes Problem aber nur vage umrissen, kann es durch die Crowd auch nicht adäquat gelöst werden.

Ein Crowdsourcee, der eine bestehende Produktpalette bewerten soll, wird mit seiner Meinung keinen direkten Einfluss auf das Unternehmen ausüben können. Anders sieht das aus, wenn das Produkt noch in einer Testphase ist. Ein Crowdsourcee kann schnell auch Pirat am Produkt werden und teuer entwickelte Produktneuheiten an den Konkurrenten verraten. Juristisch belangbar ist ein solcher Tester aus der Crowd kaum, da ein Beschäftigungsverhältnis fast immer anonymisiert und indirekt bleibt.

Richtig vorbereitet können Crowdmarketingmaßnahmen dem Image eines Unternehmens zuträglich sein. Sie steigern das Involvement und die Identifikation mit dem Unternehmen. Um alle Rahmenbedingungen und Optionen bei der Vorbereitung zu kennen, stehe ich mit meinem Team der Consus Marketing GmbH gerne zur Verfügung.

Crowdworking steht immer noch in dem Verdacht, Lohndumping zu begünstigen und Crowdsourcees mit für sie ungünstigen arbeitsrechtlichen Bedingungen abzuspeisen. Die allgemeinen Befürchtungen der Gewerkschaften bezüglich des Crowdworking sind vielfach thematisiert worden. Verschiedene gewerkschaftliche Initiativen machen sich daher für die Stärkung der Rechte von Arbeitern in der Crowd stark.

Wer an einem Positivimage für sein Unternehmen arbeitet, muss daher abwägen, ob er sich mit einer Auslagerung von Aufgaben an die Crowd einen Gefallen tut.

Fazit

Crowdmarketing als Teil des Crowdsourcing stellt eine gute Option dar, sich schnell und kostengünstig einen Überblick über eine in der Zielgruppe bestehende Stimmung zu verschaffen. Unternehmen und ihre Follower können ihre Bindung dadurch vertiefen. Sich ergebende Stimmungsbilder können allerdings verzerrt sein. Rechtlich ist ein Unternehmen kaum in der Lage, sich gegenüber Crowdsourcees abzusichern.

Die professionelle Marktanalyse ist kosten- und zeitintensiver. Für die Investition in eine langfristig geplante und angelegte Studie erhält das Unternehmen im Gegenzug validierte Ergebnisse.

Beide Herangehensweisen haben also ihre Berechtigung. Je nach Branche und Abhängigkeit des Unternehmens von einem bestimmten Markenimage muss jedes Projekt gesondert auf die spezifischen Vorteile und Nachteile der einen oder anderen Marktforschungsmethode geprüft werden.

Sie haben konkrete Fragen, wie Sie Ihre Unternehmenskommunikation fundiert vorbereiten und effizienter gestalten? Oder wie Sie Krisensituation mit Ihrem Unternehmen bestmöglich meistern?

Schreiben Sie eine Email an scheidtweiler@consus-marketing.de. Mein Team und ich stehen Ihnen persönlich zur Verfügung.

Ihr

Nicolas Scheidtweiler


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