Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe keinen Bock mehr auf Facebook. Das Netzwerk nervt nicht nur privat, sondern auch beruflich. Wenn es nicht ein (dann doch zunehmend irrelevantes) Instrument der Unternehmenskommunikation wäre, hätte ich mich schon abgemeldet. Diese Meinung teile ich auch mit anderen Marketing- und PR-Experten. Sie erkennen eine Rückkehr zu den Owned Media.
In diesem Jahr war ich öfter in den Bergen unterwegs und konnte nur eingeschränkt auf Facebook zugreifen. Auf dem Smartphone habe ich die private Facebook-App deinstalliert. Auf meinen Browsern verhindern Blocker die wiederholte Nutzung. Und das Schöne: Es fehlt mir nichts. Der Newsfeed war eh langweilig. Auch wenn ich wie andere Nutzer (vielleicht) in meiner Filterblase gefangen bin, passierte nichts mehr, was mich kognitiv ansprach oder emotional berührte. Der Newsfeed ist eine Sammlung von Wiederholungen. Nur unterbrochen von einer zunehmenden Zahl an Werbeanzeigen, die zu mir passen könnten.
Facebook: Geht nicht mehr über guten Content, geht nur noch über gutes Geld.
Agentur-Arbeit mit Geld, aber ohne Content
Das Private spielt in das Berufliche. Egal, wie gut wir für unsere Kunden und Projekte relevante Inhalte entwickeln, am Ende muss für Reichweite bezahlt werden. Redaktionspläne, kreative Ideen und die Umsetzung in Texte und Bilder spielt keine Rolle mehr. Selbst Fans und Abonnenten der Seite erhalten kaum noch unmittelbar Infos ihrer Interessensgebiete. Will eine Agentur oder ein Unternehmen dieses Bedürfnis befriedigen, ist der Werbemanager unabdingbar.
Und so entstehen zunehmende Kosten. Das Wettbieten um die bezahlte Reichweite nimmt zu. Das ursprüngliche Ziel, Facebook unter Gesichtspunkten der Earned Media zu nutzen, verfehlen wir Agenturen und Unternehmen weit. Earned kann nur etwas sein, das sich von selbst in einem sozialen Netzwerk fortpflanzt, gedeiht und entwickelt.
Früher gingen des öfteren kreative Ideen viral. Diese Chance verschwindet zunehmend. Nicht mehr die größte Kreativität entscheidet, sondern das größte Portemonnaie.
Ist das nicht gleichsam langweilig für Nutzer, Agenturen und Unternehmen?
Kleine Nischen-Anbieter dringen nur bedingt durch, die Masse der Aufmerksamkeit bleibt an den schon bekannten Marken und Konzernen hängen. Die bunte Vielfalt verschwindet zugunsten der hergebrachten Aufteilung der Werbemärkte. Schon Anfang 2017 gab es erste Hinweise zum sinkenden Traffic auf Unternehmensseiten.
Dieses Rad will Facebook zurückdrehen und mehr auf lokale und soziale Inhalte setzen. Lassen wir uns überraschen.
Meinungsfreiheit eingeschränkt
Nicht zuletzt ist es für mich das negative Gefühl auf der Meta-Ebene, das dem Rückzug von Facebook zuspricht. Das unerträgliche Zensur-Gesetz der schwarz-roten Bundesregierung ist ein massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit. Der ehemalige Justizminister Heiko Maas hat mit seinem fragwürdigen Gesetz die bunte Sprachwelt der Nutzer eingeschränkt.
Gruselig ist dabei, dass üblicherweise Gerichte in langlaufenden Verfahren eine Abwägung zwischen dieser hohen Errungenschaft unserer Demokratie und der Verletzung von einfachen Strafrechtsnormen prüfen. Und gemeinhin eine Straftat nicht festgestellt wird.
Facebook baut dagegen unter Zwang der Bundesregierung seine Löschkompetenz aus. Das ganze muss schnell gehen, da sonst horrende Strafen per Gesetz drohen. Die Löschung von ungewünschten Meinungsäußerungen der Nutzer übernehmen unterbezahlte Stundenlöhner in Callcentern.
In der Regel besitzt keiner dieser Mitarbeiter eine juristische Bildung. Sie entscheiden aber innerhalb von wenigen Minuten über Straftatbestände wie Verletzung der Ehre, Volksverhetzung, Beleidigungen. Diese Bundesregierung hat die Kernaufgabe eines Rechtstaates an private Unternehmen delegiert. Eine Revisionsinstanz oder Begründungen für eine Löschung gibt es meist nicht.
Vage ist zudem der Begriff der Hatespeech. Ein unkonkreter, nicht klar juristisch definierter Begriff, der alles und nichts umfasst. Dadurch entsteht eine unklare Lage, die eher zur Löschung bei Facebook und eher zur Zurückhaltung der eigenen Meinung der Nutzer führt. So entwickelt sich ein brauner Meinungsbrei, der Langeweile auslöst. Fotos und Videos von Katzen, Essen und Strandurlauben erhöhen nicht das Interesse, dauerhaft den Newsfeed bei Facebook zu checken. Erst die bunte Vielfalt von Meinungen löst Emotion und Nähe in den Social Media aus.
Meine Prognose: Das aktive Interesse an Facebook und anderen sozialen Medien nimmt weiter ab. Seitenbetreiber erreichen so nur noch bedingt ihre Zielgruppen durch Earned oder Paid Media. Sie selbst unterliegen der Gefahr, dass ihre Inhalte und Produkte (Diesel, Zucker, Fett, Videospiele etc.) zensiert werden können.
Was sollten Unternehmen tun?
Aus meiner fachlichen Sicht Rate ich Unternehmen dazu, ihre Owned Media wieder stärker auszubauen. Vor Jahren gab es mal den Trend auf fremde Plattformen wie Facebook, Twitter, Tumblr etc.p.p. zu setzen und die eigenen Plattformen zu vernachlässigen. Es kam sogar die Frage auf, ob eine Facebook-Seite für die Unternehmenskommunikation reichen könnte. Davor habe ich immer gewarnt. Wie wir heute sehen, zu Recht.
Im Online-Bereich zählt zu den Owned Media der eigene Blog. Mit einem freien Content Management System (z.B. WordPress, Joomla, Typo3) sind Sie unabhängig von Anbietern, die spezielle Lösungen entwickeln. Mit dem Corporate Blog haben Sie eine Anlaufstelle für alle ihre Zielgruppen. Sie sind in der Auswahl, Darstellung und Tonalität ihrer Inhalte unabhängig, sofern Sie nicht gegen klare Gesetze verstoßen. Achten Sie nur auf das richtige Impressum und die richtige Datenschutzerklärung.
Grundsätzlich garantiert den Erfolg die fundierte Planung: Was will ich als Unternehmen mithilfe meines Corporate Blogs und mit externer Unterstützung erreichen? Die Ziele sind vielfältig, genauso wie die redaktionelle Umsetzung und Struktur.
Wenn Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!
Für Antworten, Tipps und Anregungen schreiben Sie eine Email an scheidtweiler@consus-marketing.de.
Mein Team und ich stehen Ihnen persönlich zur Verfügung.
Ihr
Nicolas Scheidtweiler
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