Bevor ich mit der Rezension des Buches beginne, muss ich mich als Autor eines Kapitels in diesem Fachbuch outen. Das Kapitel 9 ist natürlich hervorragend geschrieben und verdient fünf Sterne (zur Zusammenfassung). Jedoch kenne ich die Kapitel der anderen Autoren nicht. Ich werde die Gesamtherausgabe objektiv betrachten und kritisch beurteilen. Trotzdem werde ich abschließend auf das Ranking verzichten, um nicht zu sehr von einer – unter Umständen – Voreingenommenheit geleitet zu werden.
Als Lorenz Steinke mich anrief, um mich als Autor für „Die neue Öffentlichkeitsarbeit: Wie gute Kommunikation heute funktioniert: Strategien – Instrumente – Fallbeispiele“ zu gewinnen, war ich sofort dabei. Sein Ziel war es, das Mantra von „Content ist King!“, „Eine Kampagne muss viral sein“ oder „Es geht um das Storytelling“ nicht zu wiederholen, sondern mit praktischen Erfahrungen zu füllen. Er hat dazu eine sehr gute Auswahl von Autoren(-teams) gewonnen, die Aspekte zu den neuen Herausforderungen beisteuern.
Bunte Themenauswahl
In zwölf Kapiteln stellen die Autoren ihre Themen vor. Im Fokus steht insbesondere das neue Verhältnis der Kommunikatoren zu den Medien und Multiplikatoren. Eine große Rolle spielen die wichtiger werden Blogger Relations. Diese Multiplikatoren bedürfen einer besonderen Ansprache. Wie es geht, stellt das Kapitel 4 ausführlich dar.
Daneben geht es um das Content Marketing. Die entscheidenden Fragen zur Strategie lauten auch in der neuen Öffentlichkeitsarbeit:
- Welcher Kanal eignet sich für welche Zielgruppe?
- Wie definiere ich meine Zielgruppe neu?
- Wie finde ich eine spannende Geschichte?
- Wo generiere ich Inhalte?
Schön zu sehen ist, wie es am Ende dann darum geht, Kontext zu erzeugen. In allen Kapiteln rückt die Zielgruppe noch mehr ins Zentrum der Kommunikation. Sie muss das Thema durch den Bezug zu ihren Lebenswelten vermittelt bekommen.
Eine besondere Stärke des Buches: Alle Autoren geben detailliertes Wissen preis, wie sie mit in Zeiten der kommunikativen Unübersichtlichkeit Aufmerksamkeit generieren wollen. Aus meiner Sicht bot die detaillierte Beschreibung des Crowdsourcing von Greenpeace als Teil der Öffentlichkeitsarbeit einen besonderen Mehrwert. Dieses Instrument kann im B2C-Geschäft noch deutlich stärker genutzt werden.
Für PR-Spezialisten eine Fundgrube und Bestätigung
Die Einblicke, die die Autoren geben, sind für PR-Fachleute eine Fundgrube. Das analytische und strategische Vorgehen insbesondere der großen Agenturen ist – vor dem Hintergrund der größeren Budgets der Klienten – mustergültig. So stellen Fischerappelt, Edelman, Webershandwick und Wildcard ihr fundiertes Vorgehen bei größeren Kampagnen vor. Kleinere Unternehmen können diese Lehren für ihre PR adaptieren.
Auf der anderen Seite bestätigen die Autoren die eigenen Erfahrungen als PR-Berater. Die Herausforderungen, wie Geschichten entstehen und vermittelt werden sind bei jeder Unternehmensgröße ähnlich. Aufgrund einer höheren Emotionalität fällt es größeren Marken zwar leichter, Aufmerksamkeit zu generieren. Aber dafür sie die Erwartungen an den Erfolg der Kommunikation auch höher.
Bedenkenswerte Anregungen für die PR-Arbeit
„Die neue Öffentlichkeitsarbeit“ bietet fundierte Anregungen für die tägliche PR-Arbeit in Zeiten der neuen Medien. Die einzelnen Beiträge geben praxisnahe Hinweise für den Einsatz der unterschiedlichen Instrumente. Dabei beleuchten die Autoren diese Instrumente aus ihrem jeweiligen Blickwinkel. Diese subjektiven Einschätzungen und Erfahrungen erhöhen den Wert des Ratgebers, da sie die Leser zum Nachdenken und Überprüfen ihrer Strategien anregen.
Ein kleiner Wermutstropfen sind die manchmal etwas werblichen Formulierungen der Autoren á la „Wir von der Agentur XY kennen uns da aus“. Diese konterkarieren den „Content Marketing“-Ansatz der neuen Medien. Die Art der Darstellung hat jedoch keine Auswirkungen auf den Wert der Inhalte. Das Handbuch von Lorenz Steinke ist ein wertvoller Ratgeber, um sich einen Überblick über Strategien und Instrumente in der neuen Öffentlichkeitsarbeit zu verschaffen.
Herausgeber Lorenz Steinke ist Kommunikationsberater mit den Schwerpunkten Krisen-, Technik- und Wissenschaftskommunikation. Er kennt die Unternehmenskommunikation von beiden Seiten des Schreibtisches als Journalist diverser Medien und Pressesprecher der Deutschen Telekom. Aktuelle Infos stellt Lorenz Steinke regelmäßig in seinem Blog blog.kommunikation360.de vor.
„Die neue Öffentlichkeitsarbeit: Wie gute Kommunikation heute funktioniert: Strategien – Instrumente – Fallbeispiele“ ist im Juli 2015 beim Verlag Springer Gabler erschienen, hat 247 Seiten und kostet 34,99 EUR.
Bildquelle: eigenes
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Aktuelle Informationen über den Rezensenten Nicolas Scheidtweiler erhalten Sie auf seinem Google+-Profil. Er studierte in München und Hagen und arbeitet seit 2005 in verschiedenen Funktionen und Bereichen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Verknüpfung von praktischen Erfahrungen mit einem Theorie-Fundament. Nicolas Scheidtweiler hat einen Lehrauftrag für Medienplanung und PR-Konzeption an der Hochschule Bremerhaven.