Unternehmen erkennen Krisen nicht immer sofort. Die Anzeichen sind unterschiedlich und es gibt die verschiedensten Gründe, die nach Branche, Region oder einfach Prominenz eines Unternehmens variieren. Aber die Krise kann jeden treffen. Und dann ist effektives Handeln von Management und Kommunikation gefragt.
An dieser Stelle setzt Dr. Lorenz Steinke mit “Kommunizieren in der Krise: Nachhaltige PR-Werkzeuge für Schwierige Zeiten“ an.
In neun inhaltlichen Kapiteln stellt der Autor die verschiedenen Faktoren für eine effektive Krisenkommunikation dar. Deutlich macht er zu Beginn, dass die Krisenkommunikation im Vorfeld in der regulären Kommunikation beginnt. Im ersten Kapitel stellt er zusammenfassend dar, wie strategische Überlegungen (SWOT-Analyse) und eine aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit das Risiko einer Krise minimieren. Zu Recht nennt er insbesondere das Issue Management als Teil der Krisenprävention.
In den Kapiteln bringt Dr. Lorenz Steinke wiederholt bekannte Beispiele und Interviews aus Politik und Wirtschaft und untermalt damit die umfänglichen Formen von Krisen. Es ist eine kleine Zeitreise, die die Vielfalt der Krisen aufzeigt. Diese bunten Beispiele erzeugen beim Leser ein klareres Bild von deren Auftreten.
Schließlich wiederholt sich das Diktum „Transparenz und Ehrlichkeit“ in allen Kapiteln. Das ist die Quintessenz des Ratgebers.
Schwerpunkt Pressearbeit
Den Schwerpunkt seines Ratgebers setzt der Autor deutlich auf die Pressearbeit. Ausführlich geht er auf die Arbeitsweise und Interessen von Journalisten ein. Dabei bringt er viel seiner Erfahrung in diesem Kommunikationsfeld ein. Zusätzlich nennt er als Kommunikationszielgruppe in der Krise die Blogger. Blogger Relations sind ein neuer Zweig, der gerade für die Befeuerung und der Beruhigung eine Rolle spielen kann. Beide wirken dann auf weitere Bezugsgruppen wie Politiker oder Anwohner.
Allerdings sehe ich den starken Fokus auf die Pressearbeit kritischer. Mein persönliches Vertrauen in die unterschiedlichen Medien ist erschöpft, das gleiche gilt für immer mehr Bürger. Vor dem auch im Buch genannten Hintergrund der eigenen Interessen und des Wettbewerbs zwischen den Medien ist eine objektive Berichterstattung seltener zu erwarten. Der Einsatz weiterer eigener Kommunikationskanäle ist unabdingbar. Dazu zählen Corporate Blog, Youtube oder auch die eigenen Social Media. Diese erwähnt der Autor nur als Randnotiz.
Aus meiner Sicht goldrichtig ist der Verweis auf die interne Kommunikation. In Krisen gilt „Employee first!“. Die Mitarbeiter müssen in Krisen frühzeitig informiert werden. Sie sind authentische Multiplikatoren und müssen auch nach der Krise ihrem Unternehmen Vertrauen.
Anderer Meinung bin ich auch in der Frage des „Bedauerns“ (S. 212ff.) als Strategie in der Krisenkommunikation. In unserer heutigen „Kultur des Bedauerns“ ist diese Form eine Krise zu minimieren oder gar zu beenden opportun. Gerade das Beispiel Lego Bausatz Jabbas Palace zeigt aber, dass bestimmte Klientel-Gruppen so schnell Einfluss auf ein Unternehmen ausüben können. Dort besteht die Gefahr, dass eine vorschnelle „Appeasement„-Krisenkommunikation dauerhaft im Desaster enden kann.
Schön ist das Beispiel, wie die Krise eines Wettbewerbs genutzt werden kann. Grundlage ist auch hier das Issue Management.
Umfängliche Krisenkommunikation
“Kommunizieren in der Krise: Nachhaltige PR-Werkzeuge für Schwierige Zeiten“ geht teilweise über die konkrete Krisenkommunikation hinaus. Es bietet für das operative Geschäft gute Ideen und Ansätze, die Kommunikation stärker zu würdigen.
Dr. Lorenz Steinke bringt in diesem Buch vor allem seine Stärken in der klassischen Pressearbeit ein. In der Krise setzt er damit nahezu vollständig auf diesen Kommunikationskanal. Dagegen geht der Autor nicht tiefer auf die eigenen Kommunikationskanäle eines Unternehmens ein. Insbesondere der Bereich Video und Corporate Blog fehlt.
Das Werk ist weniger ein spontanes Nachschlagewerk als ein Buch, das schon im Vorfeld durch Kommunikationsverantwortliche gelesen werden sollte.
Aufgrund der Mängel im Bereich der neuen Medien gibt es vier Scheidtweiler PR-Sterne:
Über den Autor Dr. Lorenz Steinke:
Dr. Lorenz Steinke ist Inhaber der PR-Agentur Kommunikation360. Er war mehrere Jahre als freier Fach- und Technikjournalist in München, Hannover und Enschede/NL tätig. Von 2010 bis 2013 war er Pressesprecher bei der Deutschen Telekom, zuletzt zuständig für Regionale Kommunikation, Service und Netzausbau sowie Corporate Responsibility. Weitere Profile von Lorenz Steinke finden Sie unter anderem bei Twitter und Xing.
“Kommunizieren in der Krise: Nachhaltige PR-Werkzeuge für Schwierige Zeiten“ ist im Februar 2014 in der 1. Auflage im Springer Gabler Verlag erschienen, hat 272 Seiten und kostet 39,99 EUR.
Weitere Rezensionen:
Aktuelle Informationen über den Autor Nicolas Scheidtweiler erhalten Sie auf seinem Google+-Profil. Er studierte in München und Hagen und arbeitet seitdem in verschiedenen Funktionen und Bereichen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Verknüpfung von praktischen Erfahrungen mit einem Theorie-Fundament. Nicolas Scheidtweiler hat einen Lehrauftrag für Medientheorie an der Hochschule Bremerhaven.